Wenn Mann/Frau eine Reise tut …, und sei es des Singens wegen ☺!
Haben Sie schon einmal an einem Chorwochenende teilgenommen? Ich bislang auch noch nicht, das heißt, jetzt zum ersten Mal, und, das sei vorweg gesagt, ich werde es wieder machen! Aber der Reihenfolge nach:
Freitag, früher Abend, die Dunkelheit setzt ein und ein funktionierendes Navi; ich hatte noch nie von Milower Land, geschweige denn von der JH „Carl Bolle“ gehört; die einzige Assoziation bei dem Namen ist auch noch falsch („Bolle reiste jüngst zu Pfingsten, ….“). Urplötzlich rechts eine Grundstückseinfahrt und man steht vor einer schönen alten Villa, eben der JH „Carl Bolle“. Ein erster sehr positiver Eindruck, der sich nach der Zimmerverteilung (Schnarcher : Nichtschnarcher und Männlein : Weiblein) festigt: Alles ist angenehm bis hin zur Keramikabteilung pro Zimmer modernisiert.
Mangels Chorleiter, Ilja konnte erst am nächsten Morgen anreisen, und wegen der tröpfchenweise eintrudelnden SängerInnen ist der erste Abend eher als ein unkontrolliertes „Warming Up“ zur Guitarre zu verstehen, was keine Negierung des Spaßfaktors bedeuten soll, im Gegenteil!
Nach Frühstück und einem Geburtstagsständchen für die JH-Leiterin geht es am Morgen des nächsten Tages in den (Übungs-)Keller zur ersten Gesangsrunde. Um bereits an dieser Stelle einen Eindruck hervorzuheben: Ich konnte mir vor diesem für mich ersten Chorwochenende nicht vorstellen, dass wir über zwei Tage so intensiv und konzentriert üben könnten, bei allen Unterbrechungen und Ablenkungsmanövern, die von Ilja eingestreut wurden. Auch die Bereitschaft zu singen war hoch: Pausen (Mittagessen und Muckefuck am Nachmittag) wurden zugunsten der Sangeskunst gekürzt und Übungszeiten in die Abendstunden verlängert.
Den Höhen folgten aber auch Tiefen, etwa wenn ein einen Vormittag lang einstudiertes neues Lied nach der Mittagspause vergessen zu sein schien – wie kann ein Chorleiter so etwas derart gelassen hinnehmen oder ist das normal? – oder der Bass das von Matthias (er singt in den Gedanken des Basses immer mit, auch wenn er uns noch kein mallorcinisches Gesangsmaterial übermittelt hat) stets vehement geforderte gestrichene B nicht sauber trifft (war es ein Ges?).
Und dann der zweite Abend, der nach einer letzten Übungsstunde in ein Potpourri des deutschen Schlagers überging, was mir als „Neu-Ossi“ und Ignorant des deutschen Schlagers (meine Helden heißen Rolling Stones, Kinks, Who und Beatles, und ich kann mich noch daran erinnern, dass ich fast geheult habe, wenn Heintje die Stones auf Platz 1 der Radio-Luxemburg-Hitparade ablöste) bezüglich der Textsicherheit aller Anderen, was das gesamte Schlagergut der Nachkriegsgeschichte angeht, den letzten Nerv raubte. Da verstand ich auch, dass und warum der erste sozialistische Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden dem Untergang geweiht war. Über welche Brücken sollten wir gehen ……?
Der Sonntag war bis in den Nachmittag hinein wieder den ernsten Seiten des Chorlebens gewidmet, und mein Fazit lautet: Wenn es die Zeit zulassen würde, sollte man/frau so etwas öfter machen; zum Einen des Gesangs wegen, dem man/frau sich verschrieben hat, zum Anderen aber auch des grundsätzlichen Zusammenhalts und Verständnisses wegen, die bei jeder Mannschaftssportart zwingend erforderlich sind, soll es gemeinsame Erfolgserlebnisse geben.
Wolfgang Süßenberger